Transgender Day of Remembrance: Wir trauern um die Toten – und feiern die Lebenden

Heute ist der Transgender Day of Remembrance (TDOR). An diesem Tag gedenken die Trans*communities ihrer Toten. Denn jedes Jahr sterben trans*, nicht-binäre und gender-nonkonforme Personen gewaltvoll aufgrund weltweit existierender Trans*feindlichkeit.

In diesem Jahr meldet das Trans Murder Monitoring der Menschenrechtsorganisation TGEU weltweit 350 Personen, die aufgrund von Trans*feindlichkeit getötet wurden. Die ganz überwiegende Mehrheit unter ihnen waren trans* Frauen oder trans*feminine Personen, die Schwarz, indigen oder of Colour waren. Viele der Getöteten hatten Migrationsgeschichte, viele waren Sexarbeiter_innen.

Trans*feindlichkeit, Rassismus und Sexarbeiter_innen-Feindlichkeit zeigen sich in diesen Statistiken immer wieder als eine der tödlichsten Mischungen verschiedener Marginalisierungen. Im Durchschnitt waren die Getöteten zum Zeitpunkt ihres Todes 31 Jahre alt, die jüngste Person war 15. Das Trans Murder Monitoring gibt es seit 2008. Im Jahre 2019 wurden 331 Morde gezählt, 2018 waren es 369, Anfang der 2010er Jahre waren es deutlich weniger mit beispielsweise 238 im Jahr 2013. Die Zahlen sind also steigend.

Die Communities trauern am TDOR auch um all die Personen, die in diesen Statistiken regelmäßig nicht gezählt werden. Um die Personen, welche unter einem abgelegten Namen begraben wurden oder gar nicht als trans*, nicht-binär oder gender-nonkonform benannt wurden. Um die Personen, welche nicht die Gelegenheit hatten, sich zu outen. Die Communities trauern um die Personen, deren Geschichten medial ausgeschlachtet worden sind. Um die Personen, deren Morde nie aufgeklärt wurden. Um die Personen, welche durch weniger greifbare Gewaltformen gestorben sind und deswegen gar nicht offiziell als trans*feindliche Morde erfasst werden: Die Personen, die an der alltäglichen Diskriminierung verzweifelten, die ihnen immer wieder im öffentlichen Raum, im nahen Umfeld, am Arbeitsmarkt oder im Gesundheitssystem entgegenschlug und schließlich unaushaltbar wurde.

Am 20.11. geht es jedoch auch um die trans*, nicht-binären und gender-nonkonformen Personen, die angesichts einer trans*feindlichen Welt leben, überleben, ihre Leben feiern, voll Freude leben, voll Stolz leben und aufblühen. Der TDOR ist auch ein Tag, um Widerstandskraft zu feiern.
Um die trans*, nicht-binären und gender-nonkonformen Personen zu feiern, die die Daseins- und Existenzberechtigung ihrer Geschwister jeden Tag neu einfordern und die Welt zu einem lebbaren Ort für alle machen wollen. Trans*, nicht-binäre und gender-nonkonforme Personen gibt es, seitdem es Menschen gibt. Unter verschiedenen Bezeichnungen gab es immer schon Menschen, die außerhalb der Zweigeschlechterordnung lebten und Geschlechtsnormen transformierten.

Viele der Rechte, die LSBTIQPA+ Personen heute haben, wurden von trans* Frauen oder trans*femininen Personen, die Schwarz, indigen oder of Colour waren, erkämpft.
Marsha P. Johnson war eine von Ihnen. Sie wurde 1992 ermordet und wäre 2020 75 Jahre alt geworden.

Zahlreiche Aktivist_innen und Organisationen stehen heute hier. Sie halten die Verstorbenen im Andenken. Sie fordern den Lebensraum ein, den sie gebraucht hätten. Sie fordern den Raum, den es für trans* Personen in allen Gesellschaften geben muss. Sie kämpfen auch für die trans*, nicht binären und gender-nonkonformen Personen, die heute leben und für die, die die nach uns kommen. Für die, die nicht out sind. Für die, die aufgrund von Mehrfachmarginalisierung besonders stark von Gewalt betroffen sind. Für die, die schwer tragen an der Trans*feindlichkeit dieser Welt, für die, die auf dem Weg zu sich selbst Hindernisse überwinden müssen, auch weil sie gelernt haben, Trans*sein sei „falsch“ oder „krank“ oder „schlecht“. Für die, die erst noch entdecken müssen, dass die Leben von trans*, nicht-binären und gender-nonkonformen Personen von Liebe und Freude, von Gemeinschaft und Glück erfüllt sind. Denn, wie auch das Marsha P. Johnson Institut aus den USA sagt: Wir sind mehr als nur eine Zahl in einer Statistik. Wir sind mehr als die Gewalt, die uns widerfährt und über die viel gesprochen und geschrieben wird. Unsere Leben sind mehr als das.

Unsere Pressemitteilung zum TDOR findet sich hier.

Die Grafik stammt von der Menschenrechtsorganisation TGEU: https://tgeu.org/tdor/